Dienstag, 2. Workshop Tag
Und weiter geht’s!
Nach einer weiteren kurzen Nacht, denn der Jetlag hängt irgendwie noch etwas nach, runter zum Frühstücken und ab an die Uni, die Dozenten warten auf uns. Heute steht mit Anna Course- und Unit Design für die XUB-Teilnehmer auf dem Programm. Das SJC-Team erwartet Video Produktion mit Raphaela. Den ganzen Tag erklären wir quasi wie die Online- und Blended-learning Course am Ende aussehen sollte, könnten.
Auch heute waren wir alle wieder zufrieden mit dem Ergebnis. Wir schlendern wieder ins Gästehaus und überlegen „was könnten wir denn heute machen?“ „Wäre doch ganz nett, wenn wir uns noch ein bisschen zusammensetzen können, um den Tag ausklingen zu lassen? Nur wo?“ „und dazu ein kleines Bierchen?“ „Nein! Hier auf dem Campus ist absolut kein Alkohol erlaubt.“ Dann hatten wir die glorreiche Idee, vielleicht gibt es ja in der Nähe einen Laden wo wir und ein zwei Flaschen Bier kaufen und ins Gästehaus heimlich mitnehmen könnten. Denn, wir sind ja keine Lehrer, Dozenten oder Studenten, also dürfte das ja kein Problem sein. Mit Marc und Nevil vom SJC-Team starten wir unsere geheime Mission „Biersuche außerhalb der Mauern von XUB“. Mit Rucksack bepackt machen wir uns auf den Weg zum großen Tor und treffen zufällig auf Pater Marcel, der gerade einen kleinen Abendspaziergang macht. Dazu muss man sagen, er ist auch kein typischer Pater. Er ist Jesuit, gutaussehend, 40 Jahre jung, sehr aufgeschlossen, freundlich und humorvoll, aber auch sehr verantwortungsvoll. Denn als er die beiden Dozenten fragt wo wir hinwollen, bekommt sein Gesicht eher eine besorgte Mine und beschließt uns bei der geheimen Mission doch lieber zu begleiten. Na, das wird ja immer besser, dann sind wir Undercover schon zu fünft unterwegs!
Nun stehen wir wartend und nicht abgeholt vor den Toren des großen Campus. Doch plötzlich kommt ein XUB-Bus, der nach Bhubaneswar muss, wir halten an und fragen ob er uns ein Stück mitnehmen könnte, sagen wir lieber 1,8 Kilometer. Denn Nevil hat inzwischen eine Kneipe gefunden, die auf dem Weg in die Stadt liegt. „Oh das Abenteuer beginnt!“ Nach 1,8 Kilometer hält der Busfahrer an, mit dem Kommentar „Aha, hier wollt ihr hin!?“ Gemein wir sind durchschaut! Na gut, wenn wir schon mal hier sind, dann können wir doch gleich hier das Bier trinken und ein bisschen über den Tag quatschen. Aber auch das Thema Bier wurde kurz besprochen, denn wir wollten natürlich nicht den Eindruck vermitteln, dass wir jeden Tag Bier trinken. Uns wurde dann mitgeteilt, dass wenn eine indische Frau so eine große Flasche Bier trinken würde, dann könnte sich nicht mehr geradestehen. Daraufhin erklärten wir den drei indischen Herren, dass wir in Bayern eine lange Bierkultur pflegen. Irgendwann hatten wir alle ausgetrunken und machten uns auf den Rückweg.
Der wird nochmal spannend, denn wie kommen wir heim? Ganz einfach wir laufen. Mittlerweile ist es dunkel und wir spazieren am sandigen Straßenrand nach Hause. Neben uns ständig hupende Autos, Motorräder und auch Fahrräder. Aber das Ganze wirkte beim Laufen nicht stressig, im Gegenteil, es tut gut sich mal etwas zu bewegen, zumindest Anna und Raphaela freuen sich über den Abendspaziergang. Bei Mark sieht das etwas anders. Plötzlich war er nicht mehr hinter uns! Wo ist er hin? Es ist natürlich nicht so leicht einen dunklen Inder in der dunklen Nacht ohne Straßenlaternen zu sehen oder zu finden. Jetzt macht sich auch Nevil sorgen und ruft ihn an. Man glaubt es nicht, Mark ist schon wieder am Campus. „Wie hat er das gemacht?“ Ganz einfach, er hat einen Studenten, der mit dem Motorrad Richtung XUB unterwegs war, angehalten und gefragt ob er ihn mitnehmen könnte! J Auch heute freuen wir uns auf´s Bett und sind schon neugierig was der Mittwoch bringen wird.
Mittwoch, 3. Workshop Tag
Große Aufregung auf dem XUB Campus – Ein neuer Gebäude-Komplex „International Center“ wird heute eröffnet! Seit Tagen wir hier alles mit bunten Blumen geschmückt, und auf Hochglanz poliert. Alles was Rang und Namen hat wird natürlich dabei sein, Abgeordnete der Regierung, XUB Faculty Member, wichtige Menschen von anderen Unis aber auch Studenten sind zu der fetten Eröffnung am Vormittag eingeladen. Unser XUB Team hat also keine Zeit für unseren Workshop. Macht auch nix, dann können wir in Ruhe mit den Kollegen aus Bangalore arbeiten. Benotungsschlüssel, Projektaufgaben usw. müssen erarbeitet werde, mit dem engagierten Team sind wir aber gleich fertig. Welche eine Ehre! Zum Mittagessen dürfen auch wir zum großen Fest kommen.
Gleich erfahren wir den neusten Tratsch: Während der Rede des Regierungsabgeordneten ist ein Teil des Dachs, aus mindestens 15 Metern, runtergefallen, und zwischen Rednerpult und Publikum gelandet. Zum Glück wurde niemand verletzt. Aber wie kann denn sowas passieren, in einem neuen Gebäue? Das Schauen wir uns gleich mal genauer an, uns wars sofort klar (Das bleibt jetzt aber wirklich unter uns! Diagnose: In Indien ist einfach alles anders ) Maler kleben nichts ab, überall hängt Farbe, … das ist aber noch nicht der Grund warum ein Dach vom Himmel fällt, es wird noch viel wilder: Türen sind schräg eingebaut, alle Fugen sind unterschiedlich breit, die Mauern sind schräg, Wasserwagen gibt’s hier glauben wir nicht… Oh Gott jetzt auch noch mit dem Aufzug in den 6. Stock, aber alles geht gut, und hier werden wir gleich allen prominenten Gästen vorgestellt. Und stellt euch vor, bis gerade eben waren wir ein kleines Licht jetzt werden wir von wild fremden Menschen gepriesen, als „DIE ERSTEN internationalen Gäste“ im neuen International Center. In Zukunft sind in diesem Gebäude die internationalen Austausch Studenten untergebracht. Hoffentlich reparieren sie das Dach noch bis dahin.
Aber es gibt heute noch mehr neues zu entdecken, denn nach dem Workshop machen wir noch einen Ausflug in die nahe gelegenen Stadt Bhubaneswar.
Bhubaneswar ist die Hauptstadt von Odisha, Indien. Es war die alte Hauptstadt des Kalinga-Reiches und das architektonische Erbe der Zeit ist seine größte Attraktion. Es gibt viele Orte in der Stadt, die die Bedeutung der Region während des 7. bis 11. Jahrhunderts zeugen, als die Kalinga-Könige Odisha und die Regionen dahinter regierten. Der Ananta Vasudeva Tempel und Vindusagar Panzer im einzigen Tempel von Lord Vishnu in der Stadt Shiva.
Am buddhistischen Tempel „Dhauligiri“ gibt’s eine kurze Geschichtsstunde vom Jesuiten Pater Marcel zum Leben des Siddhartha Gautama (Buddha). Aber wirklich kurz, wir haben nicht viel Zeit, wir wollen uns ja auch noch einen Hindu-Tempel anschauen, wenn wir schon mal in der Stadt der Tempel sind. Treppe rauf Treppe runter und schon stehen wir vor dem Dhabaleswar Temple und hier ist es total egal welcher Religion man angehört den hinduistischen Segen bekommt jeder. Natürlich zeigt uns Saraswathi erstmal wie das geht, der Reihe nach stehen wir an dem Tempel an, und werden mit Tagetestblumen, Segenswünschen und Bindi (dem roten Punkt auf der Stirn) geweiht.
Donnerstag, 4. Workshop Tag
Langsam gewöhnen wir uns an den „Alltag“ hier, um 8 Uhr gibt’s typisch indisches Frühstück, mit Nelken und Zimt gewürzter Reis mit einer scharfen Linsen-Curry-Soße, eigentlich ganz gut, aber gewöhnungsbedürftig. Dann schlendern wir gemütlich zum Konferenzraum und teilen uns gleich wieder in zwei kleinere Gruppen auf um effizienter zu Arbeiten.
Raphaela erklärt und probiert zusammen mit den Teilnehmern verschiedene Video Settings. Sie machen erste Aufnahmen und besichtigen das Media-Production-Center der XUB. Dann stimmen sie sich ab wie eine Zusammenarbeit bei der Videoproduktion für die Kurse im nächsten Jahr aussehen kann. Die Produktionen des Media-Centers sind schon sehr „indisch“, das trifft eher nicht so unseren Geschmack. Mit einem Greenscreen produzieren sie „Talking-Head-Videos“. Den Hintergrund passen sie dann farblich an die Kleidung der Person im Video an. Die Dozentin im Pink- Violenten Sari bekommt also einen Rosa Hintergrund. Vorsichtig und diplomatisch bringt Raphaela ihnen bei, dass unsere Kursvideos den Geschmack von Lernenden aus verschiedensten Ländern treffen sollten und wir deshalb gern auf diese Farbgestaltung verzichten würden. Mit Beispielen von Aufnahmen aus der Bibliothek, mit einem ruhigen „akademischen“ Hintergrund (Bücher) kann sie die Inder schließlich überzeugen. Wir sind erleichtert.
Währenddessen arbeiten die anderen Teilnehmer mit Anna an den Kursinhalten. Die Kursthemen sind vielfältig, E-Commerce, Climate-Change, Web-Design, Envrionmental Science usw. alle Dozenten sind absolute Experten in ihrem Fachgebiet und haben langjährige Erfahrung im Unterrichten ihrer Fächer. Ganz neu ist für sie aber die Vorbereitung ihrer Materialien für ein Online-Lernsetting. Wie sollen sie das machen, wenn sie ihre Beispiele nicht zwischendrin selbst erklären können? Wie kann man eine Projektarbeit mit Praxisaufträgen auf über eine Online Lernplattform abwickeln? Welche Aufgaben kann man den Studenten eigentlich geben. Wie viel muss eigentlich in eine Unit rein? Und was brauchen die Studenten, um sich mit den Materialien allein zurecht zu finden, wenn man nicht dabei ist und nicht direkt auf jede Frage eingehen kann? Schritt für Schritt finden wir für jeden einen Weg seinen “Unterrichtsstil“ in ein digitales Lehren zu übersetzen.
Bei den Videos und Kursinhalten wird die Verwirrung immer weniger, wir sind alle sehr zufrieden weil es so gut läuft 😊 Das muss gefeiert werden, meint Saraswathi und lädt uns alle zu einem gemeinsamen Abendessen in einem guten indischen Restaurant in Bhubaneswar ein. Wir sind ganz überfordert von der Essensauswahl und unsere indischen Kollegen bestellen alle möglichen Vorspeisen und Hauptspeisen um uns möglichst viele indische Gerichte vorzustellen.
Biryani: Würziger Reis
Biryani ist ein typisches indisches Reisgericht mit verschiedenen Gewürzen und einer Fleischsorte. Nicht selten ist das Biryani gekrönt mit einem Ei.
Chicken Makani: Hühnchen Curry mit Butter
Butter Chicken ist eines der bekanntesten Non-Veg-Curry in Indien. Hühnchen wird in einer milden cremigen Sauce mit viel Butter und Tomaten zubereitet.
Dum Aloo: Kartoffel-Curry
Aloo heißt Kartoffel und Dum Aloo ist eines der beliebtesten Kartoffel-Curries. Es ist mit vielen Gewürzen verfeinert, aber normalerweise nur wenig scharf.
Korma: Curry auf Joghurtbasis
Kormas sind dicke Curries auf Joghurt- oder Sahnebasis. Hauptzutat ist oft eine Fleischsorte, aber es gibt auch Veg-Kormas. Kormas sind meistens eher mild.
Aloo Gobi: Kartoffel-Blumenkohl-Curry
Kartoffeln und Blumenkohl sind die Hauptzutaten für dieses vegetarische Curry. Aloo Gobi ist ein trockenes Curry und trotz vieler Gewürze eher mild.
Verschieden gewürzte Fische und Meeresfrüchte und dazu viele Fladenbrot-Variationen.
Mit dieser Essensauswahl dauert das Abendessen dann doch länger als geplant, und wir vergessen ganz das unsere Fahrer ja draußen noch auf uns warten. Er hat noch nichts gegessen und weil er eilig nach Hause wollte, rasten wir über die holprige Straße zurück zum Campus. Kühe und Hunde mussten uns ausweichen und den Stoßdämpfern hat diese Fahrt bestimmt auch nicht gutgetan.