Nachtrag zu Tag 7:
Ein kleines, aber schönes Detail haben wir bei unserem letzten Eintrag vergessen. Aber wir wollen euch keineswegs diesen heiteren Moment unseres letzten Abends, nebst Bildmaterial vorenthalten, daher hier unser kleiner Nachtrag.
Denn an unserem letzten Abend kam Felix während den Schreibarbeiten am Blog noch die Idee, das Dunkel der Nacht für etwas „Lichtmalerei“ zu nutzen. Für diejenigen, die mit dem Begriff nichts anfangen können: „Lichtmalerei“ wird dadurch möglich, die Belichtungszeit der Kamera auf einen möglichst langen Wert zu stellen. Nimmt man nun eine Lampe, kann man entweder damit in die Luft „malen“, oder Objekte unterschiedlich beleuchten. Entscheidend dabei ist, dass nur die Objekte beleuchtet werden, die man im Bild sehen will, und zwar für eine kurze Zeit. Alles was sich in der Zeit schnell bewegt, wird von der Kamera nicht genügend erfasst und wird „unsichtbar“. Interessierte melden sich bitte bei Felix Pitscheneder‘s „Lichtmalerei für Anfänger“-Kurs an. 😉
In kurzer Zeit entwickelte sich aus der spontanen Aktion ein lustiges Event, bei dem wir alle unseren Spaß hatten. Unsere besten Werke möchten wir euch hier natürlich präsentieren.
Rückkehr in die „Zivilisation“
Es ist der Anbruch unseres letzten Tages im Flüchtlingslager Kakuma. Oder genauer gesagt: des halben letzten Tages, denn für uns geht es direkt nach dem Mittagessen zum Flughafen und zurück nach Nairobi, wo wir am Dienstag unsere letzten Interviews drehen werden.
Jeder von uns wachte mit dem Unglauben auf, dass es wirklich schon unser letzter Tag hier sein sollte. So vieles gäbe es noch zu sehen, so viele Fragen zu stellen, so viele Dinge zu dokumentieren, so vieles, das man noch tun wollen würde. Uns blieb jedoch nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, was wir noch alles tun könnten, denn unser letztes Interview im Lager stand an. Erneut erwies uns einer der Alumni die Ehre, sich unseren Fragen zu stellen und einen Beitrag zu unserem Projekt zu leisten. Melvin, ein intelligenter junger Mann auf dem Weg zu seinem Master, und engagierter Youth-Worker, erläuterte uns die wesentlichen Probleme und Schwierigkeiten, die sich in der Zusammenarbeit mit den jugendlichen Männern und Frauen im Lager ergeben. Im Anschluss machten wir noch einen kleinen Abstecher zur Schule für Kinder mit besonderen Bedürfnissen, wo wir die Kinder beim Fußballspielen beobachten durften.
Danach war es dann auch schon so weit. Wir packten schweren Herzens unsere Sachen, gleichzeitig freuten wir uns bereits auf das Wiedersehen mit Freunden und Familie in ein paar Tagen, denn das Heimweh verschonte uns an diesem Ort gewiss nicht. Dankbar nahmen wir ein letztes Mal das typische Mittagessen im Camp zu uns und machten ein Gruppenbild mit dem Camp-Team vor Ort. Wir können nicht behaupten alle besonders gut zu kennen, aber diese Menschen haben uns mit viel Leidenschaft unter die Arme gegriffen, uns ihre Geschichten erzählt und unser doch etwas beschränktes Wissen über das echte Leben hier erweitert. Dennis begleitete uns noch zum Flughafen und bedankte sich bei uns, ja er erlaubte uns sogar noch ein kleines Souvenir mitzunehmen. Zusammen mit Jimmy und einigen anderen gehört Dennis zu den Helfern, die wir gerne als unsere Freunde ansehen – und das nicht nur wegen unserer gemeinsamen Barbesuche.
Ein letzter Handschlag, Verabschiedung und es ging ins Terminal 1 des Kakuma Flughafens – von einem Terminal insgesamt.
Der kleine Verschlag, der als Durchgang zum Flugfeld dient, besteht im wesentlichen aus drei kleinen Bereichen: Einem Wartezimmer mit Check-In-Schalter und Gepäckwaage, einem Security-Check mit separaten Zimmern für Männer bzw. Frauen (dieser Check wurde übrigens noch „old school“ persönlich durchgeführt, nicht mit Fließband und Scanner), und einem weiteren kleinen „Wartezimmer“, wenn man es so benennen möchte. Ohne weitere Schwierigkeiten, aber immer noch ein paar Kilogramm zu viel Gepäck, kamen wir alle durch. Nach Anfrage wurde uns sogar ein Foto vor dem Flugzeug gewährt, dass bereits vorbereitet wurde.
Dann schließlich, nach gut einer Stunde Wartezeit, ging der Flug los. Während die Jungs mal wieder lächelnd in den Flieger stiegen, hatte Raphaela etwas zu kämpfen. Bereits beim Foto vor dem Flieger waren ihr einige rußige Stellen am hinteren Ausgang der Turbinen aufgefallen! Was für eine Klapperkiste! Immerhin konnten wir sie etwas beruhigen, denn der Auspuff eines Autos sieht für üblich auch nicht sonderlich sauber aus.
Wir pflanzten uns also in die Maschine und los ging‘s. Emsig schossen wir einige Luftaufnahmen, bis wir über den Wolken waren und damit das Land unter uns nicht mehr zu entdecken war.
Schwupps war Jan auch schon weggepennt. Felix dagegen gesellte sich zu Raphaela. Der Flug verlief ruhig, nur als der Pilot einige Turbulenzen ankündigte, wurde Raphi etwas mulmig, und Felix bemühte sich, ihre Nerven durch Ablenkung entspannt zu halten. Jan dagegen schlummerte tief und fest. Pünktlich jedoch zum Wolkendurchbruch wachte er wieder auf und schoss ein paar Bilder von Nairobi aus der Luft.
Die Ankunft gestaltete sich dann als harmlos, auffällig waren besonders die knapp zehn Grad Temperaturunterschied, was noch immer gute 23 Grad für uns bedeutete. Da in Kakuma die Security-Checks etwas veraltet sind, durften wir in Nairobi nochmal durch die Standard-Ausführung durch. Ein Taxifahrer wartete dann bereits auf uns. Und jetzt begann, was für uns die „Rückkehr zur Zivilisation“ werden sollte. Eigentlich würde man meinen, man wäre froh, wieder in eine Stadt zu kommen, die Realität jedoch gestaltete sich anders.
Während der Fahrt ins Hotel erschien die Stadt wie ein riesiger Moloch. Von Wohnblocks, gebaut in den unterschiedlichsten Stilen, von reich verziert mit Glasfront bis zu „Ostblock-Baustein“, über Reihenhäuser, die wie ausgeschnittene Stücke eines Baukastens wirken, ist die gesamte Palette vorhanden. Maschendrahtzäune reihen sich an massive Mauern, und alles ist von einer dicken Dreckschicht besetzt.
Zahllose Menschen tümmeln sich entlang der Straßen, bewaffnete Soldaten und Sicherheitskräfte patrouillieren entlang von Regierungsgebäuden oder den Mauern reicher Wohnviertel, deren Häuser zwar aus der Ferne prachtvoll wirken, beim Vorbeifahren jedoch kaum ein besseres Bild abgeben, als die ärmeren Strukturen um sie herum. Der Verkehr ist wie eine einzige, sich zäh bewegende Masse, bestehend aus zahllosen Fahrzeugen vornehmlich asiatischer Hersteller.
Auffallend sind die vielen weißen Kleintransporter, die alle irgendwie gleich aussehen, und bis zum Bersten voll mit Sitzen sind. Wie auch nur eine Person dort bequem Platz haben sollte, blieb uns schleierhaft. Die runtergekommenen Straßen sind flankiert von unzähligen Werbeplakaten, kleinen und übergroßen, bestückt mit knallbunten Werbeanzeigen: Ein junges, gesundes Mädchen schaut hoffnungsvoll in den Himmel, während sie ein Schulbuch an ihr Herz drückt. „Hashtag – Education is important“ schreibt das Plakat. Hübsch hergerichtete Damen lächeln den Betrachter an und werben für die aktuelle Haarmode. Verschiedene Stile von geflochtenen Zöpfen und gefärbten Strähnchen scheinen gerade der Brüller zu sein. Ein vorbeifahrender Bus trägt seitlich den bereits halb zerkratzten Aufdruck: „Free HIV-Screening“, nebst einer glücklich lächelnden Familie mit zwei Kindern. Ihm folgt ein schwarz lackierter Kleintransporter mit roten Akzenten und Gangmotiven, wohl eine Art Transporter für „Coole“.
Eine andere Werbetafel wirbt für zukünftige Baugründe, selbstverständlich mit wunderschönem Haus und perfektem Rasen unter blauem Himmel, während dahinter im grau-braunen Smog der Stadt ein Wohnblock mit bröckelnder Fassade in den Himmel ragt. Es kommt einem vor, wie eine Parodie auf die Realität. Verkehrsregeln scheinen in Nairobi nur grobe Richtlinien zu sein. Es wird gedrängelt, gehupt und überholt, wo es nur geht. Fußgänger kreuzen mutig die Straßen und setzen voraus, dass auf sie geachtet wird. Und hätten wir nicht noch rechtzeitig unsere Fenster geschlossen, hätten wir von der Straßenreinigung eine astreine Dusche bekommen – so war es zumindest eine kostenlose Teilwäsche für unseren Fahrer.
Als wir endlich am Hotel ankamen, war die Welt irgendwie verdreht. Trotzdem freuten wir uns auf unsere Zimmer. Wir wurden freundlich empfangen und zur Lobby begleitet, wo uns ein heißes Handtuch, sowie ein Glas Orangensaft zur Begrüßung gereicht wurden. Nach kurzer Pause und einer kalten Dusche, ging es dann zum Essen ins Hotelrestaurant. Die Angestellten hießen uns mit einem Lächeln willkommen, zeigten uns das kleine Buffet und reichten uns etwas Suppe, die wir dankend annahmen. Unsere Mägen knurrten bereits ordentlich. Doch als wir uns zum Essen setzten, schien uns alle etwas zu bedrücken. Es war merkwürdig plötzlich in einem Hotel zu sitzen, in dem alles so förmlich, so unpersönlich von Statten ging. Es war seltsam, in einer Umgebung zu sein, in der einem die Angestellten das schmutzige Geschirr vom Tisch nahmen und in der man ohne weiteres an Wasser kommen konnte. Es war unfair. Unfair gegenüber all den Personen, die wir im Flüchtlingslager zurückgelassen haben. Die gerade das nötigste besaßen und nicht einfach raus konnten. Die nicht „nur mal kurz“ für eine Woche einen Abstecher ins Lager machen und dann wieder in eine privilegierte Welt zurückkehren konnten. Das Grübeln begann, und man kämpfte mit dem Gedanken, was man tun sollte. Einfach weitermachen? Zurückkehren als ob nichts gewesen wäre? Wir wussten und wissen es nicht. Die Eindrücke der letzten Woche sitzen tiefer, als wir vielleicht erwartet hatten. Wir halfen uns damit, darüber zu reden und vertrieben die düsteren Gedanken schließlich fürs erste mit einigen anderen, heiteren Themen. Schließlich hatten wir noch Arbeit zu tun.
Wir setzten uns also in ein kleines Foyer unterhalb unserer Hotelzimmer und begannen unser Videomaterial zu sortieren, Bilder zu bearbeiten und den Blog voranzutreiben. Und mitten in der Arbeit, mit noch immer gedrückter Stimmung, fanden wir dann ein Video, dass uns zum Lachen brachte. Und zwar so sehr, dass wir zu viert dasaßen und uns die Tränen in die Augen schossen. Ein Befreiungsschlag, den wir nötig hatten. Es war nicht mehr so schlimm. Denn wir hatten im Lager nicht nur Schlechtes erfahren, sondern auch unzählige glückliche Momente, und an diese erinnert zu werden, erhellte uns. Wie schon die letzten Male zog sich auch dieser Arbeitstag bis in die späten Stunden hin, bevor wir uns endlich ins Bett warfen.
Tag 9 begann mit einem ausgiebigen Frühstück im Hotel. Baked Beans, Würstchen, French Toast, Spiegeleier, Bacon – es fehlte uns an nichts. Die trübseligen Gedanken des Vortages waren zumindest teilweise verflogen, und wir waren bereit für die letzten Interviews. Zu allererst sollte es ins Hekima Peace Center gehen, wo wir mit einigen Lehrern und Professoren, wie dem Direktor sprechen sollten. Im Anschluss sollten wir eine von Laureus geförderte Institution besuchen, um uns anzusehen, wie die Sportcommunity dort unterstützt wird.
Wir wollten gerade aufbrechen und uns am Eingang unseres Hotels treffen, als Karen uns mitteilte, dass sie von JRS abgeholt werden würde, um ihr Visum für Äthiopien abzuholen. Wir sollten also derweil mit dem Taxi schon ins Center fahren und notfalls die Interviews ohne sie beginnen. Sie gab uns also ihr Tablet und die Unterlagen mit den abzufragenden Themen und schon wurde sie auch mitgenommen und war weg. Was nun? Plötzlich standen wir drei ohne Anleitung da und grübelten, ob uns jemand abholen würde oder nicht. Und welche Fragen sollten wir zu den gewünschten Themen stellen? Verunsichert prüften wir zunächst den Status unserer Transportmöglichkeit. Die Rezeption rief freundlicherweise bei JRS an und stellte fest, dass nichts geordert war. Immerhin standen mehrere Taxen bereit, um in Anspruch genommen zu werden. Unser Fahrer, George, ein freundlicher Mann mittleren Alters, half uns mit dem Equipment und fuhr los. Leider hatten wir aber keine Adresse, uns wurde allerdings mitgeteilt, dass jeder wüsste wo das Hekima Peace Center sei. Blöd nur, dass wir zuerst nicht „Hekima“, sondern „Hakuma“ verstanden hatten. Was nach kurzer Rücksprache mit der Rezeption dann aber schnell geklärt wurde.
Alles klar, endlich konnte es losgehen! Ab ins Taxi und auf nach „Hekima“! Der Fahrer wusste ja, wo es lang ging…dachten wir zumindest solange, bis er das erste Mal anhielt, um nach dem Weg zu fragen. Ok…auf wiederholte Anfrage, bekamen wir immer noch eine Bestätigung. Natürlich wisse er, wo es sei, nur die genaue Lage wollte ihm gerade nicht mehr einfallen. Na dann, passt das ja, wir werden es schon finden. Und die Zeit bis dahin vertrieben wir uns natürlich mit Fotografieren. Im Gegensatz zum Vorabend, an dem Nairobi uns wie ein dunkles Loch aus einem schlechten Film erschien, zeigte uns das helle Tageslicht die wahre Natur der Stadt.
Sie war immer noch dreckig und immer noch vom Smog der Autos und vom Staub des trockenen Landes erfüllt. Und die unzähligen Werbetafeln und ärmlichen Verkaufsstände vieler Anwohner zeigten noch immer die krassen Zustände der Stadt. Aber, jetzt erschien es uns nur noch, wie eine Stadt, der es an Möglichkeiten zur Sauberhaltung fehlte. Die Menschen jedoch unterschieden sich nicht wesentlich von den Bewohnern anderer Städte: Man sah Anzugträger und Frauen in schicken Businesskleidern, Schulkinder in Uniformen, Taxifahrer, was eben alles in einer Stadt anzutreffen ist.
Außerdem standen überall entlang der Straßen Marktstände mit zahlreichen interessanten Persönlichkeiten! Die mussten festgehalten werden. Bis plötzlich ein wütender Aufschrei uns einschüchterte: „HEY! NO PHOTOS!!“. Etwas erschrocken ließen wir die Kameras also in den Händen ruhen, denn zu oft musste unser Fahrer fast bis zum Stillstand abbremsen, und wir wollten nicht riskieren, dass ein wütender Passant plötzlich durchs Fenster sprang. Übrigens blieb das für die restlichen Fahrten des Tages auch so. Solange jedoch das Gaspedal in regem Betrieb war, konnten wir es uns dann doch nicht verkneifen, auf Paparazzi-Art fixe Schnappschüsse unter der Fahrt zu machen.
Nach dem dritten Stopp, um nach dem Weg zu fragen, waren wir uns dann ziemlich sicher, dass George nicht die geringste Ahnung hatte, wo es hinging. Aber, wir fanden einen Ort, der auf die Beschreibung passte: Das Hekima University College. Jawohl! Wir hatten es geschafft, endlich da! Bestimmt wartete man bereits auf uns. Und was für ein wunderschöner Ort es war. Hinter dicken Mauern verborgen lag eine kleine Oase des Wissens, ein College wie aus dem Bilderbuch. Mit einer Bibliothek, einer Rezeption, Hörsälen, grünen Rasenflächen, schattigen Bäumen und allem, was das Herz begehrt. Wie schön, hier drehen zu dürfen. Tja – knapp daneben ist auch vorbei! Der Security fragte uns nach der Kontaktperson und teilte uns mit einem netten Lächeln mit, dass wir leider den falschen Ort gefunden hatten. Dies hier war schließlich das University College und nicht das Peace Center. *Facepalm*
Immerhin konnte er unserem Fahrer das richtige Ziel und den Weg dahin nennen. Nach gefühlt 40 Minuten des planlosen Umherirrens kamen wir also endlich am richtigen Ziel an. Unser Fahrer gab uns noch freundlich seine Handynummer, falls wir ein Taxi für später benötigten. „Ja….vermutlich nicht!“, dachten wir uns. Der eigentliche Zielort gestaltete sich leider nicht so imposant und märchenhaft, wie das College. Das Gelände war etwas in die Jahre gekommen, der Rasen gelb-braun und außer einem alten Herrenhaus im englischen Stil stand da nur ein hohes Blockgebäude. Naja, vielleicht waren die Räumlichkeiten drinnen schöner, als der äußere Anschein es vermuten ließ?
Tatsächlich! Innen war es ein gepflegtes Gebäude, mit blank geschrubbten Böden und tauglichen Möbeln – sie wirkten zwar wie aus den 80ern, aber sie gaben ein schönes Bild ab. An der Rezeption wurden wir bereits erwartet. Toussaint Kafarhire, Jesuitenpriester, Peaceleader und Professor am Peace Center, brachte uns zu Karen, die uns bereits erwartete. Er stellte sich dann auch als unser erstes Interview heraus. Elias, der Direktor, begrüßte uns nur kurz – auch ihn würden wir noch interviewen. Dann ging es in den vierten Stock in ein kleines Besprechungszimmer mit Blick auf die gegenüberliegenden Häuserblöcke.
Die Akustik war gut und das Licht passte ebenfalls, also ging es frisch an die Arbeit. Die nächsten Stunden waren gefüllt mit interessanten Gesprächen zu Themen rund um Frieden, Historie und Konfliktbewältigung. Wobei wir neben Toussaint und Elias Opongo auch Kifle Waansamo Wkayo, ebenfalls Jesuitenpriester und Professor, sowie Florence Mpaayei interviewten, eine Mediatorin für Frieden und ebenfalls Lehrkraft am Center. Während des Interviews mit Elias, dass mit knapp 40 Minuten eines unserer längsten geworden ist, versuchte Jan sich daran den Herren zeichnerisch einzufangen, was ihm leider nicht vollständig gelang. Zur Stärkung gab es zwischendrin auch noch eine Runde Plätzchen, Tee und Kaffee, um unsere Gehirnzellen am Laufen zu halten. Und trotz unserer Bemühungen, wurden unsere Interviews so lange, dass wir eine gute Stunde zu spät zu unserem nächsten Termin aufbrachen. Zu groß war der Enthusiasmus der Befragten und zu interessant deren Inhalte. Ganz nebenbei ging mittendrin auch noch Raphis Ladegerät für ihre Nikon-Akkus flöten, weshalb ihr nur noch ein Akku blieb, um das letzte Interview und noch einige Fotos vor unserer Heimreise zu machen. Nervös wurde in Google also nach einem Geschäft gesucht, dass vielleicht ein neues Ladegerät parat hätte. Unsere Wahl fiel auf einen Shop in einem Einkaufszentrum, dazu jedoch später mehr.
Unseren verplanten Taxifahrer George wollten wir nicht unbedingt buchen, also entschieden wir uns dafür, einen Uber-Fahrer zu engagieren. Während Karen bereits Erfahrung damit hatte, waren wir völlig unerfahren mit dem Dienst. Per App wurde also der nächste Fahrer gesucht, angeschrieben und bestellt, welcher auch prompt ankam, um uns zunächst zur angegeben Adresse der von Laureus geförderten Institution zu bringen. Deren Namen wir bisher nicht erfahren hatten. Und wieder ging es in den chaotischen Verkehr Nairobis.
FUNFACT: Nur fünf Minuten Fahrt später, kamen wir direkt an unserem Hotel vorbei. Was sagt uns das also über unseren Taxifahrer?
Eine gute Stunde lang manövrierte uns der junge Mann sicher durch die beängstigende Verkehrslage der Stadt. Es kam nicht nur einmal vor, dass wir schon den ersten Unfall schockiert antizipierten, am Ende allerdings alles glimpflich ausging. Trotzdem waren die völlig zerbeulten und zerkratzten Karossen der vorbeiziehenden Fahrzeuge genug stillte Zeugen von anderen Ausgängen. Ohne Unfall kamen wir glücklicherweise am Ziel an. Durch ein Tor ließ man uns auf das Gelände von MYSA, einer Organisation, die sich sozial für die Anwohner der umliegenden Slums einsetzte.
Primär wurde das durch sportliche Einrichtungen, wie Fußballmannschaften, einem Fitness-Studio und einer Tanzschule verwirklicht, allerdings auch durch öffentlich und kostenlos zugängliche Bibliotheken in den Slums, sowie einer kleineren auf dem Gelände. Nicht zu vergessen, geht MYSA auch noch einer besonders wichtigen Arbeit nach: Nämlich der kostenfreien Untersuchung und Behandlung von HIV. Jede Woche können Mitglieder der Gemeinde sich dort auf HIV untersuchen lassen, und werden bei einem positiven Befund nicht nur medikamentös, sondern auch psychologisch in regelmäßigen Abständen betreut. Ebenfalls interessant: Das Center wurde anlässlich der Fußball-WM in Afrika von der FIFA gespendet und errichtet, natürlich nebst Kunstrasenplatz. Neben diesem Center wurden in Afrika noch 19 weitere solche Einrichtungen von der FIFA finanziert.
Empfangen wurden wir dort von Edwin, dem Projektmanager von MYSA, und Richard, dem CFO. Edwin übernahm es dabei, uns das Gelände zu zeigen und gab uns außerdem noch ein ausführliches Interview rund um das Projekt, während wir von neugierigen Blicken einiger Fußballspieler beobachtet wurden.
Endlich waren wir fertig, um zahllose neue Einblicke reicher und bereit für unsere letzte Nacht in Afrika. Aber wir wollten ja noch in das Einkaufszentrum „Yaya“, um nach einem Ladegerät für Raphi zu sehen. Und wieder bestellten wir uns einen Uber-Fahrer, diesmal war er noch jünger als der letzte – Raphi wunderte sich, ob er überhaupt fahren durfte – und begaben uns in das wilde Getümmel des Großstadtdschungels.
Die Sonne war bereits im Begriff unterzugehen, oder etwa nicht? Was wir für die nahende Dämmerung hielten, entpuppte sich als der Smog, der die Sonne immer mehr zu verdecken schien. Die Luft wurde schwer und dick, und das Fenster während der Fahrt zu öffnen hieß, noch mehr davon einzuatmen. Wir spürten förmlich, wie der ungefilterte Schmutz tausender alter Verbrennungsmotoren sich auf der Haut und besonders im Mund- und Nasenbereich niederließ. Die Augen brannten, und das Atmen wurde merklich schwerer. Von den tausenden Gerüchen, die dabei auf uns einwirkten, wollen wir hier gar nicht erst anfangen, lediglich so viel sei gesagt: Von Kloake bis Diesel, über Erbrochenes zu Blumenduft war alles dabei. Besonders im Stau wurde die Fahrt dadurch zur Tortur und wir können gar nicht sagen, wie froh wir waren, nach knapp einer weiteren Stunde das Einkaufszentrum zu erreichen. Mit Überraschung stellten wir uns an dessen Eingang einer kurzen Sicherheitskontrolle und betraten das rausgeputzte Gebäude. Der Hunger rief! Denn seit dem Frühstück und dem Kleingebäck am Vormittag wurden unsere Bäuche in die Warteschleife gesteckt. Schnell wurde also der Gebäudeplan gecheckt und die Wahl fiel auf Pizzahut! Was fettiges und schnelles musste es sein – was also könnte es besseres geben als amerikanische Pizza? Ob wir noch genügend Zeit hätten, nach Raphis Ladegerät zu schauen? Klar! Laut Google hat das Einkaufszentrum bis 23 Uhr geöffnet…na, wer findet den Fehler?
Richtig! Das Einkaufszentrum mag zwar bis 23 Uhr geöffnet haben, nicht jedoch die Geschäfte darin. Nachdem wir uns also reichlich Zeit beim Verschlingen unserer Pizzen gelassen haben, standen wir vor verschlossenen Toren. Tja…immerhin war das Videomaterial für die Projekte im Kasten. Raphis Akku würde noch für einige Fotos reichen. Was uns zu unserer Tagesplanung für morgen bringt:
Als kleines Schmankerl für die ganze Arbeit und für das erfolgreiche Abschließen der Produktionsreise, erlauben wir uns morgen einen Ausflug in den Nationalpark – mal sehen, ob wir noch etwas von der Natur Afrikas einfangen können!
Und damit wird auch unsere Reise nach Kenya ihren Abschluss finden. Zehn Tage vollgepackt mit tausenden Eindrücken, neuen Freunden und einer Lebenserfahrung, die uns alle vermutlich für immer prägen wird. Wir sind stolz auf das Geschaffte und blicken natürlich schon auf die nächste Aufgabe: das Bearbeiten des ganzen Materials! Aber, deswegen verzichten wir dieses Mal auf unsere persönlichen Eindrücke der letzten beiden Tage, und kündigen euch schonmal einen allerletzten Kenya-Eintrag an. Für diesen möchten wir uns etwas Zeit nehmen, um alles zu verarbeiten und Revue passieren zu lassen. Sobald wir das getan haben, bekommt ihr von uns also noch ein Abschlusswort und unser Resümee.
Bis dahin jedoch gibt es hier etwas NEUES für euch alle, und ebenso für uns! Nämlich Teil 2 des JWL Projektes! Anna und Peter reisen zusammen mit Karen direkt im Anschluss an unseren Kenya-Trip nach Äthiopien, um dort ebenfalls für die Kurse des JWL Videos und Fotos aufzunehmen. Und sie werden uns allen ebenfalls in diesem Blog davon berichten! Wir dürfen also gespannt sein, freuen uns schon auf jede Menge toller und tiefgehender Erfahrungen aus Äthiopien, und bedanken uns für euer Interesse!
Bis bald!
Euer Kenya-Team – Raphaela, Felix und Jan
These posts are precious. I am so grateful for the talent and love you bring to this work. May God guide you in building courses that will change the lives of the JWL students and everyone they touch.